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Bayrische Marktgemeinde probt die Wärme-Revolution

Nahwärmenetz soll mit 30 statt 80 Grad zirkulieren

Herkömmliche Wärmenetze, wie das Fernwärmenetz in der bayrischen Landeshauptstadt München, werden in der Regel mit einer permanenten Temperatur zwischen 80 und 130 Grad Celsius gefahren. In kleineren Fernwärmenetzen mit niedrigeren Vorlauftemperaturen sind es zwischen 80 und 90 Grad Celsius. Dollnstein hingegen will sein Nahwärmenetz mit gerade einmal 30 Grad zirkulieren lassen. Der Grundgedanke dahinter ist die elementare Physik: Um eine Wassermenge von 30 Grad auf 80 Grad zu erhitzen, ist ein Vielfaches an Energie nötig. Denn mit stiegendem Temperaturnniveau steigt die zur weiteren Wassererwärmung nötige Energie exponentiell an. Demnach erscheint die Betreibung eines Wärmenetzes mit 30 Grad logisch, um einen Großteil der sonst einzusetzenden Energie einzusparen.

Wärmepumpen an jedem Haus sorgen für Betriebstemperaturen über 30 Grad

An diesem Punkt wissen viele, dass in einem Wärmenetz natürlich auch höhere Temperaturen als 30 Grad Celsius benötigt werden. Spätestens unter der Dusche sind 30 Grad zu kalt für das durchschnittliche Wohlbefinden. Ebenso sind gesundheitliche Bedenken anzuführen, denn Brauchwassertemperaturen zwischen 25 und 30 Grad Celsius bieten einen optimalen Lebensraum für Legionellen. Doch die Dollnsteiner haben diese Umstände bedacht. So soll an jedem Dollnsteiner Haus eine Wärmepumpe installiert werden, die zuschaltet, sofern Betriebstemperaturen höher als 30 Grad Celsius benötigt werden.

Solarthermie unterstützt Warmwasserversorgung in den Sommermonaten

Das sogenannte „kalte Netz“ wird in den Sommermonaten Mai bis September auf eine Netztemperatur zwischen 20 und 30 Grad Celsius abgesenkt. Dadurch werden hohe Netzverluste in den warmen Monaten deutlich verringert. Die niedrige Sommerheizlast wird unterstützend durch eine Solarthermieanlage für Temperaturen höher als 20 Grad Celsius abgedeckt. Diese Variante wäre in einem sogenannten „warmen Netz“ nicht möglich. Die jeweiligen Übergabestationen werden mit einer kleinen Wärmepumpe ausgestattet, die eine Stromaufnahme bis 1,5 kW und eine Heizleistung bis 10 kW aufweisen.

Die Wärmepumpen sind dann am Ende für Temperaturen bis 70 Grad Celsius zur Warmwasserbereitung und Sommerheizung verantwortlich. Die Übergabestationen werden ebenfalls mit modernster Technik ausgestattet. Eine Datenleitung vernetzt die Stationen miteinander und können nach Bedarf zentral zugeschaltet werden. Hierdurch wird der PV-Strom hocheffizient genutzt.

Photovoltaik macht Nahwärmenetz teilweise energieautark

Das gesamte Wärmenetz soll laut Plan von Mai bis September durch eine Photovoltaik- und Solarthermie-Kombination zu 100% abgedeckt werden. Das bedeutet, dass keine herkömmliche Energie zusätzlich benötigt wird. Nur in den Wintermonaten muss Strom für den Betrieb der Wärmepumpen hinzugekauft werden. Unterm Strich soll das geplante Nahwärmenetz in Dollnstein rund 40% weniger Energie verbrauchen bei gleichzeitiger CO2-Einsparung von rund 69%.

Der Kopf hinter der Idee stammt aus der Nachbarschaft

Die Idee hinter dem ausgeklügelten Nahwärme-System stammt vom ebenfalls in Dollnstein ansässigen Schichtspeicher-Hersteller Ratiotherm. 2010 hatte Ratiotherm Chef-Entwickler Alfons Kruck sein innovatives Wärmenetz-Konzept vorgestellt und traf umgehend auf volle Unterstützung seitens der Gemeinde Dollnstein. Die Umsetzung von Krucks Idee ist natürlich im doppelten Sinne erfreulich. Denn aller Voraussicht nach wird in jedem Haushalt ein Oskar Schichtspeicher von Ratiotherm zum Einsatz kommen, auch wenn jeder Haushalt selbst bestimmen darf, welche Technik am Ende in ihrem Haus verbaut werden soll. Doch die räumliche Verbundenheit zum lokalen Heiztechnik-Anbieter wird sicherlich das Auftragsbuch gut füllen.

© Ratiotherm

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