Energie, Sanierung, Wohnen

Ausbleibende und unzureichende Sanierung von Gebäudehüllen gefährdet Erreichung der Klimaziele

Thermografie einer ineffizienten Gebäudehülle auf einem Energieausweis liegend, der einen hohen Energiebedarf anzeigt Eine ineffiziente Gebäudehülle sorgt für einen hohen Energiebedarf. | Bild: ©Adobe Stock / Ingo Bartussek

Gebäude sind große CO2-Emittanten. Um die angestrebten Einsparungen zu erreichen, bedarf es umfangreicher Sanierungen der Gebäudehüllen. Die Bundesregierung setzt hierbei jedoch eher auf Quantität statt Qualität.

Energieeffizienz beginnt bei der Gebäudehülle

Zur Gebäudehülle zählen alle Bauteile, die die Innenräume umschließen und sie von der äußeren Umgebung trennen – also Außenwände, Dach, Decken, Fenster, Türen und die Bodenplatte. Neben der Aufgabe, das Gebäude zu stützen und dafür zu sorgen, dass es Lasten wie Schnee standhalten kann, stellt sie auch eine Barriere gegen Feuchtigkeit von oben und unten, Außengeräusche und Strahlung dar und verhindert, dass warme Innenluft entweicht und kalte Außenluft eindringt. Damit nimmt sie direkten Einfluss auf den Energieverbrauch und entscheidet über die Energieeffizienz des Hauses.

Denn bei unzureichender Dämmung und Luftdichtheit der Gebäudehülle können bis zu 80 % der aufgebrachten Wärme ungenutzt verloren gehen. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf den Wohnkomfort und die Heizkosten, sondern verursacht auch enorme CO2-Emissionen. So sind in Deutschland Gebäude für 30 % des CO2-Ausstoßes verantwortlich. Um diesen zu reduzieren, wird verstärkt auf den Einbau von nachhaltigen Heizsystemen wie Wärmepumpen oder Solaranlagen gesetzt. Doch so effizient diese auch in der Theorie sein mögen: Um ihr volles Potenzial entfalten zu können, bedarf es einer Gebäudehülle, die alle energetischen Ansprüche erfüllt.

 

Effizienzhäuser nun weniger effizient

Häufig ist das jedoch nicht der Fall. So verfügen über 60 % aller Gebäude über keinen ausreichenden energetischen Standard. Wenn sich daran nicht bald etwas ändert, werden die für 2050 angestrebten Klimaziele nicht zu schaffen sein. Doch statt sich für eine effiziente Modernisierung von Gebäudehüllen einzusetzen, geht die Bundesregierung den entgegengesetzten Weg und senkt – in der Hoffnung, die Sanierungsrate anzukurbeln – die Anforderungen und die damit verbundene Sanierungstiefe.

So passte sie mit der Anfang dieses Jahres in Kraft getretenen Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) auch die Höchstwerte für Jahresprimärenergiebedarf und Transmissionswärmeverlust der einzelnen Effizienzhaus-Stufen an. Nun dürfen beispielsweise bei einem EH 55 die Werte für den Transmissionswärmeverlust – also wie viel Wärme über die Gebäudehülle verloren geht – bis zu 15 Prozentpunkte höher ausfallen als bei den zuvor geltenden KfW 55-Häusern. Bei denkmalgeschützten Gebäuden entfallen diesbezügliche Anforderungen sogar gleich ganz.

 

Geteilte Sanierung gleich halbe Sanierung

Und auch im am 1.11.2020 eingeführten Gebäudeenergiegesetz (GEG) – mit welchem die EnEV, das EnEG und das EEWärmeG zusammengeführt wurden –, gibt es mit der Innovationsklausel eine Regelung, die bisherige Effizienz-Anforderungen aufweicht. Denn sie beinhaltet den Quartiersansatz, der besagt, dass in räumlichem Zusammenhang stehende Gebäude die Anforderungen gemeinsam erfüllen können. Somit gelten diese dann nicht mehr pro Einzelgebäude, sondern für alle im Mittel.

Dies führt dazu, dass weniger effektive Maßnahmen ergriffen werden, z. B. die Dämmung dünner ausfällt als wirklich effizient ist oder Fenster eingebaut werden, die lediglich zweifach verglast sind. Dabei lassen sich dann zwar Investitionskosten sparen. Gleichzeitig fällt aber auch die Reduzierung von CO2-Emissionen gegenüber effizienteren Einzelsanierungen um bis zu 20 % geringer aus. Und auch der Energiebedarf ist vergleichsweise höher, wodurch Hausbesitzer und Mieter weiterhin die steigenden Energiepreise zu spüren bekommen.

 

Keine Kompromisse beim Klima

Auch wenn die Gebäude nach solchen Maßnahmen als saniert gelten, zukunftsfähig sind sie dennoch nicht. Es wird demzufolge nicht ausbleiben, in absehbarer Zeit Nachbesserungen vorzunehmen – auch in Hinblick auf die Klimaziele, die auf diese Weise kaum zu erreichen sind. Das bedeutet dann nicht nur eine Verschwendung von Ressourcen, sondern auch, dass die als Anreiz genommenen Einsparungen bei den Investitionskosten nur von vorübergehender Natur sind.

Ein Herabsetzen der Anforderungen, um Hausbesitzer zu einer Modernisierung ihrer Gebäudehülle zu animieren, rentiert sich also weder finanziell noch ökologisch. Eine Steigerung der Sanierungsrate mag zwar auf dem Papier gut aussehen. Für Hausbesitzer, Mieter und letztlich auch den Planeten wirkt sich die gesunkene Sanierungstiefe jedoch im Endeffekt weniger positiv aus.

 


Quellen:

https://buveg.de/wp-content/uploads/2020/11/FIW-ITG-BuVEG-Studie-CO2-Einsparung-und-Energieeffizienz-02.pdf

https://buveg.de/wp-content/uploads/2020/11/Innovationsklausel.pdf

 

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