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„Wir wollen Energiegenossenschaften zu Energiegenossenschaften 2.0 virtualisieren“

Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?

Dr. Peer Piske: Zusammen mit dem Mitgründer Martin Müller entwickeln wir bereits seit 2005 PV-Projekte weltweit. Immer bekamen wir Anfragen von friends & family, ob man sich da einmal beteiligen könnte. Das und meine Begeisterung für Kickstarter und Co waren der Anstoß.

Man kennt ähnliche Finanzierungskonzepte bereits bei der privaten Kreditvergabe im Internet. Dort scheint es, dass sich diese Finanzierungsmöglichkeit erfolgreich etabliert hat. Könnten Sie uns kurz erklären wie eine Crowdfinanzierung z. B. eines Solarparks genau funktioniert? Welche Unterschiede gibt es zur privaten Kreditvergabe über andere Online-Anbieter?

Dr. Peer Piske: Bei uns geht es nicht um private Kreditvergabe. Bei uns erhalten die Investoren „real assets“ in Form von Genossenschaftsanteilen für das zur Verfügung gestellte Eigenkapital.

Bei den Erneuerbaren Energien gibt es eine Vielzahl interessanter Technologien. Dabei gibt es natürlich auch systembedingte Unterschiede in der Finanzierung. So weist ein Geothermiekraftwerk in Bayern sicherlich andere Bedingungen auf als eine PV-Dachanlage.

Dr. Peer Piske: Nicht unbedingt. Alles sind grundsätzlich projektfinanzierbare Technologien. Wir wollen hier das Rad auch nicht neu erfinden. Letztendlich wollen wir nur die bereits etablierten Energiegenossenschaften zur Energiegenossenschaften 2.0 virtualisieren.

Welche Projekte finanzieren Sie? Gibt es bestimmte Kriterien, nach denen sie Projekte auswählen?

Dr. Peer Piske: Wir sind nur Plattform, wir prüfen die Projekte mit Hilfe unserer Partner nur auf Schlüssigkeit. Für ergänzende Gutachten muss der Initiator selber sorgen. Im Einzelfall kann das erforderlich sein, um ein erfolgreiches Crowdfunding zu starten und eine etwaige Bankfinanzierung zu bekommen.

Wer sein Haus dämmt oder sich eine Erdwärmeheizung installiert, der tut dies nicht immer rein aus wirtschaftlichem Kalkül. In ähnlicher Weise werden auch Geldanlagen immer häufiger unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten ausgesucht. Welche Beweggründe gibt es, über crowdEner.gy in ein PV-Projekt zu investieren? Ist hierbei immer nur die Rendite entscheidend?

Dr. Peer Piske: Nein, wie auch bei den „offline“ Energiegenossenschaften stehen oft andere emotionale Aspekte im Vordergrund, z.B. investieren die Eltern eines Kindes in eine PV-Anlage auf dem Dach des Kindergartens nicht nur wegen der Rendite. Die Durchschnittsrendite bei Energiegenossenschaften beträgt auch < 5%.

Jede Geldanlage – außer vielleicht das klassische Sparbuch – weist natürlich auch immer ein gewisses Risiko auf. Und umso höher die Rendite, desto höher ist auch das Risiko, sein Geld unter Umständen teilweise oder gänzlich einzubüßen. Gibt es nicht auch Risiken für die Kleinanleger, die sich über eine Crowdfinanzierung an einem Projekt beteiligen? Wie wird dieses aus rechtlicher Sicht gehandhabt?

Dr. Peer Piske: Jedes Investment hat seine Risiken. Man muss dort technologisch unterscheiden. In der Photovoltaik kann man mit anerkannter Technik, Wartungspartnern und Versicherungen das Risiko weitgehen minimieren. Zudem unterliegen die Genossenschaften der Prüfung des Verbandes. Das lässt sich aber nicht automatisch auf andere Crowdfunding-Gestaltungen übertragen.

Jetzt haben die Stadtwerke München als Reaktion auf die von Umweltminister Altmaier und Wirtschaftsminister Rösler vorgelegten EEG-Pläne sämtliche Planungen für Erneuerbare-Energien-Projekte in Deutschland, die nicht schon im Bau sind, erst einmal auf Eis gelegt. Sehen Sie in diesem politischen Umfeld eher Chancen für eine Crowdfinanzierung oder eher Nachteile?

Dr. Peer Piske: Dezentrale Energieerzeugung ist nicht mehr aufzuhalten und bedarf immer einer Finanzierung. Wir sehen deshalb eher eine Chance für Crowdfunding. In den USA , wo diese Finanzierungsform erfunden wurde, gibt es ja auch kein EEG.

Es bleibt spannend, ob wir in Deutschland die geplanten Energiewendeziele auch wirklich erreichen. Welche Entwicklungschancen und Bedeutung sehen Sie zukünftig in der Crowdfinanzierung für den weiteren Ausbau Erneuerbarer Energien in Deutschland? Wo sehen Sie die crowdEner.gy GmbH in fünf Jahren?

Dr. Peer Piske: Wir werden viele alternative Finanzierungsformen sehen. Wir hoffen dass Crowdfunding eine größere Rolle spielen wird. Da es die Figur der Energiegenossenschaft auch außerhalb der Landesgrenzen Deutschlands gibt, wollen wir weitere Märkte erschließen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Foto (von links): Thomas Notemann, Julia Seeler, Martin Müller, Peer Piske, Thomas Neumann (Quelle: crowdEner.gy GmbH)

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