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Zukunft und Potenziale des europäischen Wärmepumpenmarktes

Sehr geehrter Herr Nowak,

nicht nur in Deutschland wird das Energiesystem grundlegend umgebaut. In ganz Europa gibt es einen starken Trend hin zu mehr Energieeffizienz und Erneuerbaren Energien in der Strom- und Wärmeerzeugung und -verbrauch. Auf beiden Gebieten spielt die Wärmepumpe eine wichtige Rolle und gewinnt in vielen Ländern der EU als energieeffizientes Heizungssystem immer mehr an Bedeutung.

1) Wie erklären Sie sich die starke Zunahme an Wärmepumpenheizungen in Europa? Ist diese eher auf regulatorische Maßnahmen zurückzuführen oder haben einfach die Heizkosten für Öl- und Gas ein Preisniveau erreicht, das die Heizungsbesitzer nun endlich zum Umdenken zwingt?

Thomas Nowak: Im Moment ist es leider schwierig Ihre Interpretation eines starken Trends zu bestätigen. Nicht zuletzt aufgrund des schwierigen ökonomischen Umfelds und des sehr niedrigen Niveaus des Gaspreises stagnieren die Absatzzahlen der Wärmepumpe seit 2009. Im Jahr 2012 ist der Absatz sogar um 7,4 % gesunken. Das ist zwar im Angesicht der schwachen Baukonjunktur immer noch eine beachtliche Leistung, nichts destotrotz sind für die weitere Entwicklung des Marktes insbesondere im Hinblick auf die Erreichung der Energie- und Klimaziele positive Wachstumsraten im zweistelligen Bereich unabdingbar.

2) Welche Länder nutzen am meisten Wärmepumpen und welche am wenigsten? Gibt es hier länderspezifische Gründe für diese Unterschiede?

Thomas Nowak: Schweden und die Schweiz sind sicherlich die Märkte mit der höchsten Marktdurchdringung, mit Bezug auf die Absatzzahlen führt Italien die Statistik an. Neue Märkte mit hohem Wachstumspotential sind insbesondere Polen und das Vereinigte Königreich. Deutschland belegt gegenwärtig den vierten Rang. Hier sind die Absatzzahlen trotz der hohen Strompreise in 2012 erneut gestiegen.

Wesentlicher Treiber ist die historische Versorgung mit Wärme. Länder ohne Gasnetz wie Schweden, Finnland und Norwegen, die außerdem noch eine hohe Affinität zur Nutzung von Strom zum effizienten Heizen mit Wärmepumpen haben, waren Vorreiter der Entwicklung. In anderen Ländern hat der Ölpreisschock maßgeblich zur Verbreitung von Wärmepumpen beigetragen. Länder, in denen die Preise von Strom und fossilen Energieträgern nahe beieinander liegen profitieren, da dann das Einsparpotential für den Endkunden am Höchsten ist.

Gegenwärtig erwartet die Branche bessere Absatzzahlen, da die politischen Rahmenbedingungen positiv sind: die Wärmepumpe ist als Technologie zur effizienten Nutzung von Umweltwärme anerkannt. Je grüner nun das Energiemix wird, desto sauberer wird die Wärmepumpe.

3) In Deutschland wurden vor ein paar Jahren noch genauso viele Erdwärmeheizungen wie Luft-Wärmepumpen verkauft. Jetzt geht der Trend eindeutig zur Luftwärme. Wie sieht der europäische Trend aus? In welchen Ländern werden viele Sole-Wasser-Wärmepumpen installiert, in welchen viele Luft-Wasser-Wärmepumpen?

Thomas Nowak: Der Trend weist eindeutig in Richtung Luft als Energieträger für die Wärmepumpe. Allerdings deuten unsere Zahlen darauf hin, dass Luft-Luft Wärmepumpen das stärkste Zuwachspotential haben. Dies liegt u.U. daran, dass Sie im Mediterranen Raum verstärkt zum Einsatz kommen und dort ein System komplett ersetzen. Eine Luft-Luft-Wärmepumpe stellt in einem Gerät Heizung und Kühlung bereit und reduziert so die Investitionskosten.

Der Absatz von Sole-Wasser Wärmepumpen bewegt sich auf einem stabilen Niveau von etwa 100.000 Einheiten pro Jahr.

4) Seit dem 1. Januar 2013 dürfen in dänischen Neubauten keine Öl- und Gasheizungen mehr installiert werden. Ab 2016 werden fossile Heizungssysteme mit einigen Ausnahmen dann auch in Bestandsgebäuden verboten werden. Welche Bedeutung hat dieses Verbot für die Wärmepumpe in Dänemark? Wäre ein solches Verbot auch in anderen Ländern umsetzbar?

Thomas Nowak: Das Verbot wird den Absatz der Wärmepumpe in Dänemark sicher beflügeln. Man muss aber berücksichtigen, dass in Dänemark mehr als die Hälfte der Bestandsgebäude an das Fernwärmenetz angeschlossen ist. Hier haben Großwärmepumpen ohne Zweifel weiteres Potential. Für den Rest der Gebäude ist die Wärmepumpe eine hervorragende Option, zumal die dänische Regierung zeitgleich mit der Verbotssetzung die Stromsteuer um ca. 4ct gesenkt hat um einen Anreiz für strombasierte, effiziente Heizungssysteme wie die Wärmepumpe zu setzen.

Nimmt man zur Kenntnis, dass die Europäische Union im Jahr 2012 fossile Energieträger im Wert von 408 Mrd. Euro importiert hat, dann wäre ein solches Verbot sicherlich sinnvoll, um Kaufkraft in Europa zu halten. Erneuerbare Energien können schon heute für einen Großteil der Anwendungsfälle den Energiebedarf der Nutzer effizient bereitstellen. Effizient sowohl in technischer, als auch in ökonomischer Sicht. Dies gilt jedenfalls immer dann, wenn eine langfristige Perspektive gewählt wird. Dort wo dies möglich ist, sollten Regierungen diese Möglichkeit verfolgen. Wichtig ist es dabei immer, den Kunden durch entsprechende Informations- und Werbeaktionen für eine Endkundenperspektive zu sensibilisieren. Im Sinne der vielzitierten Energieneutralität müssen alle noch bestehenden Subventionen für fossile Energieträger abgeschafft werden. Um Wärmepumpen noch stärker zu fördern wäre es wünschenswert, wenn ihre positiven Umweltauswirkungen honoriert würden – etwa in Form eines „Anreizprogramms erneuerbare Wärme“. Dieser Ansatz wird gegenwärtig von der Regierung des Vereinigten Königreichs verfolgt.

5) Neben den typischen Wärmepumpen für Einfamilienhäuser werden auch Großwärmepumpen zum Heizen mit Fluss- oder Abwasser oder zur Nutzung industrieller Abwärmeströme immer wichtiger. Welchen Anwendungen räumen Sie zukünftig das größte Potenzial für den Einsatz von Großwärmepumpen ein?

Thomas Nowak: Es ist gegenwärtig schwierig abzuschätzen, wo das grösste Potential liegt. Fakt ist, das industrielle Wärmepumpen zunehmend nachgefragt werden. Wie Sie schon andeuten, liegen immense Potentiale in der Nutzung von Fluss-, Ab- und Grundwasser, ebenso wie bei der industriellen Abwärme. Die Vorteile dieser Energiequellen liegen in der vergleichsweise hohen Temperatur und Verfügbarkeit. Gerade Flüsse und Grundwasserströme haben auch eine extrem hohe Wärmekapazität. Großwärmepumpen haben hier ein immenses Potential, da in den genannten Einsatzfeldern häufig Wärme und Kälte gleichzeitig benötigt wird. Wird dann zur Bedarfsdeckung eine Wärmepumpe eingesetzt, kommt es zu einem doppelten Nutzen: die Investitionskosten lassen sich reduzieren, da statt einer Heizung und eines Kühlsystems, nur eine Wärmepupe installiert wird. Da beide Seiten des Kältekreises genutzt werden, geht zudem kaum Energie verloren – die Effizienz ist extrem hoch und die Betriebskosten niedrig.

6) Einen wesentlichen Punkt bei der Energiewende stellt der weitere Netzausbau und die Speicherung von Ökostrom dar. Die Wärmepumpe könnte beides leisten. Zum einen könnten die Stromnetze durch einen höheren Eigenverbrauch z. B. bei Eigentümern von PV-Anlagen entlastet werden. Zum anderen kann Ökostrom aber auch in Wärme umgewandelt und so gespeichert werden. Welche Bedeutung wird diesbezüglich die Wärmepumpentechnik im europäischen Kontext einnehmen?

Thomas Nowak: Nach heutigem Kenntnisstand wird der Ausbau von Produktionskapazität für grünen Strom dem Ausbau der Netze noch einige Zeit vorauslaufen. Gegenwärtig werden Batterien und Elektroautos zur Flexibilisierung der Stromnetzte und zur Verschiebung von Nachfrage- und Angebotsspitzen diskutiert. Dabei wird leider übersehen, dass wir mit Wärmepumpen und den daran angeschlossenen thermischen Speichern und Gebäuden schon heute über eine Möglichkeit der Lastverschiebung und der Speicherung von überschüssigen Strommengen verfügen. Eine Untersuchung für den Deutschen Markt zeigt, dass die Speicherkapazität aller Wärmepumpensysteme die Kapazität von Pumpspeicherkraftwerken schon heute fast erreicht und bis 2020 sogar größer ist. Auch wenn dies weitere Forschung nicht unnötig macht, so kann doch ein immenses Potential mit Hilfe angemessener Rahmenbedingungen und zu vergleichsweise vernachlässigbaren Kosten umgesetzt werden. Hier müssen die Anreize für den Endkunden so gesetzt werden, dass es sich für ihn lohnt, zur Netzstabilität beizutragen. Dies kann etwa durch lastvariable Stromtarife geschehen. Allerdings braucht es hier eine politische Entscheidung. Man darf diese Verantwortung nicht allein den Energieversorgern überlassen.

7) Wie auch bei der Photovoltaik-Industrie werden viele Wärmepumpen heute aus Asien importiert. Diese Geräte sind recht simpel gehalten und erfüllen auch nicht immer den hiesigen Standard. Sind diese Geräte eine ernst zu nehmende Gefahr für den europäischen Wärmepumpenmarkt oder einfach eine Folge der Globalisierung, deren Herausforderungen wir uns einfach stellen müssen?

Thomas Nowak: Die Gleichsetzung von asiatischer Produktion und einfachen Produkten ist kaum angebracht. Es gibt aus unserer Sicht keinen Zweifel daran, dass Wärmepumpen weltweit hochwertig gefertigt werden können. Hier muss der Verbraucher die Qualität nachfragen, indem er beispielsweise auf Qualitätssiegel vertraut. Das Gütesiegel der EHPA dokumentiert unabhängig die Effizienz der geprüften Geräte und unsere Daten zeigen, dass dies unabhängig vom Herkunftsland ist. Die Europäischen Hersteller müssen sich dieser Herausforderung stellen. Sie können es aber auch, da Sie üblicherweise über den Kontakt zum Endkunden verfügen. Da die Qualität eines Wärmepumpensystems stark von der Kompetenz des Installateurs abhängt haben die lokalen Marken mit ihren starken Vertriebsstrukturen einen Vorteil gegenüber neuen Marktteilnehmern. Die Stärke Europäischer Anbieter liegt in der Kombination von Entwicklungs-know-how, Fertigungskompetenz, ausgebildeten Installateuren und einem Servicenetzwerk, dass Wartung und Reparatur der Geräte übernimmt. So geplante und installierte Wärmepumpensystems sind nicht billiger als diejenigen der ausschließlich preisorientierten Konkurrenz, aber preiswerter. Sie sind der Garant für eine hohe Kundenzufriedenheit, die sich bei einer ausschließlichen Fokussierung auf niedrige Investitionskosten nicht erreichen lässt.

Vielen Dank für das Gespräch!

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